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21.11.1803: Schinderhannes hingerichtet
"Bin weit in der Welt rumgekommen, im Wald hat man mich gefangen, man führte mich in die Stadt hinein, wo ich sollt gehangen sein." Schinderhannes, mit bürgerlichem Namen Johannes Bückler, kommt nach dem Taufregister 1783 in Miehlen im Taunus zur Welt. Sein Vater ist Abdecker, auch Schinder genannt. Schinder verdienen sich ihr Brot mit dem "abdecken", dem verwerten und vergraben von verendetem Vieh - alles andere als ein angesehener Beruf. Den übt zunächst auch der Sohn aus, aber bereits als Halbwüchsiger gerät er auf die "schiefe Bahn". Er wird verhaftet, kann jedoch fliehen und lebt fortan in der Illegalität. Denn einem ausgebüchsten Dieb ist die Rückkehr in die Gesellschaft verwehrt. Der Startschuss für sein legendäres Räuberleben ist gefallen.

"Von diesem Räuber ist so viel geschrieben und soviel gelogen worden, ja man hat sich in der Entfernung die abenteuerlichsten Vorstellungen von ihm gemacht. Wer das wenigste von ihm glaubte, meinte doch, dass er ein gefürchteter Räuberhauptmann sei und eine ordentlich organisierte Bande unter seinen Befehlen habe." (Zitat: Anonym, 1805)

Sein Aktionsradius ist der Raum zwischen Saarbrücken und Mainz. Für eine rasche Verbreitung seines Rufs sorgt die Art, wie er stiehlt. Seinen ersten schweren Einbruch macht er bei einem Gerbermeister, dem er Felle klaut, um sie ihm am nächsten Tag wieder zu verkaufen. Mit düsteren Gesellen stiehlt er Pferde, die deren Besitzer dann gegen eine beträchtliche Summe wieder zurückbekommen. Sie stehlen, rauben und erpressen.

Die Zeitgenossen beobachten das Treiben des Schinderhannes mit Furcht - und auch mit heimlicher Bewunderung. Ist er ein Feind der Franzosen, ein Wohltäter der Armen, ein Anwalt der notleidenden Hunsrücker Bevölkerung? Noch 1927 sagte eine alte Bäuerin, als sie dem Lothringer Volksliedsammler Louis Pinck das Schinderhanneslied vortrug: "Er hat numme Judde umbraat, un hat de arme Litt noch gehulf."

Bei näherem Hinsehen, ist sich die Forschung einig, war Schinderhannes kein Rebell gegen die Franzosen, kein politisch motivierter Gangster, sondern ein gemeiner Räuber. Seine Hunsrück-Bande war in jener Zeit nicht die einzige, die die Obrigkeit nervös machte. Für Schlagzeilen sorgten auch die Eifelbande und die Moselbande. Es herrschten turbulente Zeiten, Recht und Ordnung ließen sich nur schwer durchsetzen.

"In der Tat war dieses 18. Jahrhundert neben Aufklärung und geistigen Impulsen eine Zeit, in der die Ufer des Rheins von der Schweiz bis zu den Niederlanden (...) fast ununterbrochen den Kriegsschauplatz der holländischen, französischen, preußischen und kaiserlichen Truppen abgaben. Hatten gestern die Franzosen gesiegt, so konnte heute das Kriegsglück den Österreichern hold sein, morgen waren dann wahrscheinlich die Preußen wieder an der Reihe. Gesetz und Ordnung, Ehre und Moral wurden in diesen Kriegszügen weithin über den Haufen geworfen, die Wirren und Erschütterungen schafften den Nährboden für plündernde Landsknechte, Marodeure, Abenteurer, politische Hitzköpfe und Heißsporne, Hochstapler, Schieber, Diebe, Wegelagerer und Halsabschneider." (Zitat)

Schinderhannes Ruhm in der Banditenszene steigt bis zu jenem Überfall auf den jüdischen Kaufmann Seckel Löw in Staudernheim. Die Räuber müssen sich zurückziehen, weil Bauern dem beliebten Händler zu Hilfe eilen. Derweil hat sich das französische Kaiserreich das Aufspüren von Rechtsbrechern zum erklärten Ziel gemacht, Deutsche helfen. Für Schinderhannes wird der Boden unter den Füßen immer heißer. Daher lässt er sich für die deutsche kaiserliche Armee anwerben. Doch er wird erkannt und verhaftet.

Am 24. Oktober 1803 beginnt in Mainz die Verhandlung gehen insgesamt 68 Angeklagte. Am 21. November werden Schinderhannes und 19 seiner Kumpane in Mainz öffentlich geköpft. Zehntausende sensationshungrige Zuschauer verfolgen das Spektakel.

"Ach Vater, Mutter, Bruder, wascht Eure Hände in meinem Blut, damit Ihr wisst, wie wohl das tut."

Autorin: Carola Hoßfeld
   
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